Das Ministerium verwehrte einem Bild-Chefreporter die Dokumenteneinsicht mit einem einfachen Argument: zu aufwendig. 9.500 Stunden würde die Durchsicht der teils geheimhaltungspflichtigen Dokumente dauern. Das VG Berlin ist nicht überzeugt.

Die Erdgaspipeline Nord Stream 2 ist ein durch und durch gescheitertes Projekt: 9,5 Milliarden Euro soll sie gekostet haben, finanziert vom Projektbetreiber Gazprom und fünf europäischen Energieunternehmen. Trotz Fertigstellung 2021 erhielt sie nie eine Betriebsgenehmigung – nach der russischen Invasion in der Ukraine versagte die Bundesregierung ihre Zustimmung. Doch warum ist die von Anfang an umstrittene Pipeline überhaupt gebaut worden – und zwar auch noch entgegen massiver Kritik aus den USA und der Ukraine sowie aus der deutschen Parteienlandschaft? Wer in der Bundesregierung war dafür, wer dagegen, welche Diskussionen gab es? Welche Rolle spielte die “Klimastiftung” des Landes Mecklenburg-Vorpommern (MV) bei der Fertigstellung der Pipeline, welche Unternehmen haben hiervon profitiert, wie war Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) involviert?

Fragen über Fragen, die Investigativjournalisten seit langem umtreiben und die längst nicht erschöpfend beantwortet sind. An die fehlenden Informationen zu gelangen, gestaltet sich als schwierig, doch das Gesetz hilft: Das Grundgesetz, die Landespressegesetze und das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) halten Rechtsansprüche zur Auskunftserteilung und/oder Einsicht in Dokumente parat. Im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline kommt noch ein weiteres Gesetz hinzu: das Umweltinformationsgesetz (UIG).

Auf dieses stützte nun ein Journalist erfolgreich eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin verurteilte den Bund dazu, Bild-Chefreporter Hans-Wilhelm Saure Einsicht in Nord-Stream-2-Unterlagen zu gewähren (Urt. v. 18.12.2023, Az. VG 2 K 181/22). Konkret umfasst das laut Tenor alle “Unterlagen zur Genehmigung und zum Bau [der Pipeline] und zur Gründung und zu Aktivitäten der [Klimastiftung MV] aus dem Zeitraum bis zum 6. Mai 2022”.

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