Statt 377 Millionen Euro 2022 will das Bundesinnenministerium nächstes Jahr nur noch 3 Millionen in die Digitalisierung investieren.

Für die Digitalisierung der Verwaltung hatte sich die Ampelkoalition große Ziele gesetzt. Doch eineinhalb Jahre später ist davon nicht mehr viel übrig. Die Fristen des Onlinezugangsgesetzes wurden klar verfehlt. Eine Neuauflage ist noch nicht in Kraft, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet Bund, Länder und Gemeinden eigentlich, bis spätestens Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten und diese miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen. In seinem Jahresbericht 2022 sieht der Nationale Normenkontrollrat die Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung in Deutschland mit großer Sorge, fordert ein OZG-Nachfolgegesetz und liefert dafür konkrete Empfehlungen (PDF). Im Oktober 2022 waren erst 33 von 575 Verwaltungsleistungen flächendeckend verfügbar.

Die fehlende Digitalisierung sorgt schon jetzt dafür, dass politisches Handeln eingeschränkt ist – beispielsweise bei gezielten Unterstützungen wie Energiehilfen. Der Regierung fehlen hier digitale Auszahlungskanäle, so die FAZ weiter.

Bleibt es bei den bisherigen Plänen, werden die Mittel drastisch zusammengestrichen. Statt 377 Millionen Euro 2022 will das Bundesinnenministerium nächstes Jahr nur noch 3 Millionen investieren, heißt es in dem Bericht.

Auch bei anderen Posten wird klar gespart: Für die aufwendige Registermodernisierung, bei der die Datensätze digital aufbereitet werden sollen, sind nach 83 Millionen Euro dieses Jahr nur noch 70 Millionen vorgesehen. Die Gelder für die digitalen Identitäten, laut Strategie ein “Leuchtturm”, sinken von 60 auf 40 Millionen Euro. Damit könnte die Digitalisierung noch langsamer werden. Zudem besteht die Gefahr, dass fertige digitale Produkte wegen fehlender Mittel in der Schublade landen.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) versicherte gegenüber der FAZ, man werde kein Finanzproblem haben und die zentralen Projekte seien finanziert. Das Bundesfinanzministerium verweist laut Bericht darauf, dass die Ressorts grundsätzlich frei in ihren Ausgaben seien. Das Innenministerium bestätigt, dass 2024 keine neuen Mittel für das Onlinezugangsgesetz vorgesehen sind. Stattdessen nutze man “Ausgabereste”.

Die Ankündigung des Innenministeriums, dass 2024 keine neuen Mittel für das Onlinezugangsgesetz vorgesehen sind, bremst die Entwicklung in einigen Bereichen, wie das Beispiel Schleswig-Holstein zeigt: Das Land hat die Vereinbarungen mit dem Bund gekündigt, da keine Bundesmittel mehr fließen, berichtet die FAZ. Fertige Projekte könnten nun nicht genutzt werden.

Im Bundestag regt sich Widerstand, auch in der Ampel. Es dürfe keinen Stillstand geben, Digitalisierung müsse Priorität bleiben, heißt es laut den Quellen der FAZ.
Personal wandert ab

Doch auch seitens des Personals droht Ungemach für das Großprojekt. Viele IT-Fachleute würden aus der trägen Verwaltung abwandern, so Ann Cathrin Riedel vom Digitalrat des Bundesdigitalministeriums gegenüber der FAZ. Hier müsse schnell gegengesteuert werden, um den digitalen Rückstand nicht weiter zu vergrößern.

  • klisklas@feddit.de
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    11 months ago
    1. Für mich leider too little too late. Wenn man die Steigerung des Mindestlohns sieht, ist diese bereits jetzt durch die Inflation aufgefressen. Es handelt sich also um eine reale Lohnkürzung. Weiterhin bleibt komplett außer Acht, dass Leute, die Mindestlohn beziehen, diesen zu 100% verkonsumieren. Dies stärkt die Binnenwirtschaft und beugt rechten Tendenzen vor. Mir geht es nicht darum, dass ‘etwas’ passiert, sondern das ‘adäquat’ reagiert wird und das sehe ich aktuell einfach nicht. Das der. Mindestlohn gesenkt wird oder gar nicht steigt stand ja schon am Anfang eher nicht zur Diskussion oder war wirklich unrealistisch.

    2. Das Fenster kenne ich und ist wohl auch mit der Grund in diese netten Diskussionen, online oder auch mit Bekannten, immer einzusteigen. Durch den Diskurs kann man hoffentlich die politische Stimmung etwas nach links verlagern. Weiterhin stimme ich mit dir überein, dass es unsinnig ist nach der perfekten Partei zu suchen. Ich würde lieber Grün mit Machroption wählen als irgendeine Klima Liste, die eh an der fünf Prozent Hürde scheitert und der Progressiven stimmen ‘klaut’. Vor dieser Annahme des Overton Fensters bleibt mir jedoch die Finanzpolitik von Lindner weiterhin unklar. Selbst konservative Experten wie Michael Hüther oder der BDI Chef sehen keine Grundlage für die aktuelle Sparpolitik. Sie gehen sogar so weit diese als schädlich für die Wirtschaft und das Land zu bezeichnen. Lindner folgt hier keiner gefühlten Meinung der Gesellschaft sondern allein Ideologie.

    Trotz der ganzen Schwarzmalerei kann ich mir, genau wie du, dennoch eine progressive Zukunft vorstellen, denn allein der Gedanke daran macht sie möglich.